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6.3.13

Fehlende Angabe des Vertretungsberechtigten im Impressum



Von mir erscheinen regelmässig Urteilszusammenfassungen zum Verbraucherschutz im Internet in der Zeitschrift VuR. In Heft 3/2013 geht es um die fehlende Angabe des Vertretungsberechtigten im Impressum einer Webseite.

1. Soweit § 5 Abs. 1 Nr. 1 TMG und § 312c Abs. 1 BGB (i.V.m. Art. 246 § 1 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB) bei juristischen Personen zusätzlich die Angabe des bzw. eines Vertretungsberechtigten im Impressum fordern, stellen sie mangels hinreichender Grundlage im Unionsrecht keine Marktverhaltensregelungen i.S.v. § 4 Nr. 11 UWG dar.

2. Die vorenthaltene Information über einen Vertretungsberechtigten der juristischen Person ist nicht wesentlich i.S.v. § 5a Abs. 2 UWG.

(Leitsätze des Verfassers)

KG, Beschluss vom 21.09.2012, Az. 5 W 204/12



Sachverhalt (zusammengefasst)

Die Antragstellerin hat die Antragsgegnerin, eine in Frankreich ansässige SARL wegen der fehlenden Benennung ihres gesetzlichen Vertreters im Impressum ihres deutschsprachigen Internetauftritts verklagt.

Gründe (zusammengefasst):

Das KG hat eine Unlauterkeit nach § 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 1 TMG oder mit § 312c Abs. 1 BGB trotz eines Verstoßes gegen die diesbezüglichen ausdrücklichen Informationsgebote verneint. § 5 Abs. 1 Nr. 1 TMG und § 312c Abs. 1 BGB (i.V.m. Art. 246 § 1 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB) stellen - soweit sie bei juristischen Personen zusätzlich die Angabe des bzw. eines Vertretungsberechtigten fordern - keine Marktverhaltensregelungen i.S.v.§ 4 Nr. 11 UWG dar. Es fehlt insoweit an einer hinreichenden Grundlage im Unionsrecht.

Die Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken hat in ihrem Anwendungsbereich (Art. 3 der Richtlinie 29/2005/EG) zu einer vollständigen Harmonisierung des Lauterkeitsrechts geführt (vgl. Art. 4 der Richtlinie; EuGH, GRUR 2010, 244, Rn. 41 - Zentrale/Plus Warenhandelsgesellschaft; BGH, GRUR 2008, 807, TZ. 17 - Millionen-Chance; GRUR 2012, 949, TZ. 47 - Missbräuchliche Vertragsstrafe). Sie regelt abschließend, welche Geschäftspraktiken im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern als unlauter anzusehen und deswegen unzulässig sind (EuGH, GRUR 2009, 199, Rn. 51 - VTB/Total Belgium und Galatea/Sanoma). Dementsprechend kann ein Verstoß gegen nationale Bestimmungen eine Unlauterkeit nach § 4 Nr. 11 UWG grundsätzlich nur noch begründen, wenn die betreffenden Regelungen eine Grundlage im Unionsrecht haben (vgl. Erwägungsgrund 15 Satz 2 der Richtlinie; BGH, a.a.O., Missbräuchliche Vertragsstrafe). Die Mitgliedstaaten dürfen im Anwendungsbereich der Richtlinie grundsätzlich keine strengeren als die in der Richtlinie festgelegten Maßnahmen erlassen, und zwar auch nicht, um ein höheres Verbraucherschutzniveau zu erreichen (vgl. Art. 4, Art. 3 Abs. 5 der Richtlinie; EuGH, a.a.O., Zentrale/Plus Warenhandelsgesellschaft; BGH, Beschluss vom 19.7.2012, I ZR 2/11, TZ. 12 – GOOD NEWS). Letzteres gilt jedenfalls, soweit die Regelungen wettbewerbsrechtlich durchgesetzt werden sollen.

Die Angabe des Namens eines Vertretungsberechtigten einer Kapitalgesellschaft wird weder von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr noch von Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 97/7/EG über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz gefordert.

In dem unvollständigen Impressum liegt auch keine unlautere Irreführung durch Unterlassen i.S.v. § 5a UWG. Die vorenthaltene Information über einen Vertretungsberechtigten der juristischen Person ist nicht wesentlich im Sinne des § 5a Abs. 2 UWG. Gemäß § 5 a Abs. 4 UWG gelten als wesentlich im Sinne des Abs. 2 auch Informationen, die dem Verbraucher aufgrund gemeinschaftsrechtlicher Verordnungen oder nach Rechtsvorschriften zur Umsetzung gemeinschaftsrechtlicher Richtlinien für kommerzielle Kommunikation einschließlich Werbung und Marketing nicht vorenthalten werden dürfen. An einer solchen EG-rechtlichen Rechtsgrundlage fehlt es vorliegend.

Die Information über die Vertretungsberechtigten ist auch im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller Umstände einschließlich der Beschränkungen des Kommunikationsmittels nicht wesentlich, um die Entscheidungsfähigkeit von Verbrauchern i.S.d. § 3 Abs. 2 UWG zu gewährleisten, § 5a Abs. 2 UWG. Der Verbraucher wird durch das Fehlen der Angabe eines Vertretungsberechtigten nicht von der Abgabe (rechts)geschäftlicher Erklärungen gegenüber der Antragsgegnerin oder der Erhebung einer Klage abgehalten (vgl. schon Senat, GRUR-RR 2008, 352, juris Rn. 10). Im Regelfall ist insoweit gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 1 ZPO selbst im Fall einer Klageerhebung die namentliche Bezeichnung des Vertreters ebenso wenig erforderlich wie die konkrete Angabe der Vertretungsverhältnisse. So genügt etwa bei der GmbH & Co. KG regelmäßig die Angabe "vertreten durch die Geschäftsführer."

Die Kenntnis des Vertretungsberechtigten kann zwar im Einzelfall einen Verbraucher von einem Geschäftsabschluss mit dem Unternehmen abhalten, wenn ihm diese Person namentlich und mit einem negativen Hintergrund bekannt ist, etwa als unzuverlässig. Selbst wenn man das Informationsgebot aus § 5 Abs. 1 Nr. 1 TMG dahin verstehen wollte, dass das jeweilige Organ der juristischen Person zu benennen ist (und bei mehreren Organen sogar alle), bliebe eine solche Kenntnis des Verbrauchers doch eher zufällig, zumal bei einer größeren negativen Publizität das jeweilige Organ ohnehin sofort ausgetauscht werden würde. Es ist eher fernliegend, dass § 5 Abs. 1 Nr. 1 TMG (bezüglich einer Information über den Vertretungsberechtigten einer juristischen Person) die Verbraucher gerade vor Unternehmen mit einem schlechten Ruf ihrer Organe schützen will.


Praxishinweis:

Nach § 5 a UWG ist es wettbewerbswidrig, einem Verbraucher wesentliche Informationen vorzuenthalten. Als wesentlich gelten nach Abs. 4 auch Informationen, die dem Verbraucher auf Grund gemeinschaftsrechtlicher Verordnungen oder nach Rechtsvorschriften zur Umsetzung gemeinschaftsrechtlicher Richtlinien für kommerzielle Kommunikation einschließlich Werbung und Marketing nicht vorenthalten werden dürfen (siehe auch Art. 7 Abs. 5 UGP-Richtlinie). Darunter fallen die nach der RL 2000/31/EG im Rahmen der Impressumspflicht zu machenden Angaben. Da eine Bagatellklausel hier nicht vorgesehen ist, macht dies – nach allerdings noch nicht gefestigter Rechtsprechung - an sich jede noch so "unbedeutende" vergessene Information im Impressum zu einem Wettbewerbsverstoß (OLG Düsseldorf ZUM-RD 2009, 61, 62; KG MMR 2012, 240, 241; LG Hamburg ZUM-RD 2011, 193, 194; a.A. LG Berlin ZUM-RD 2011, 368, 369; LG München I NJW-RR 2011, 195). Dies kann aber nur im Rahmen der europarechtlichen Vorgaben gelten, wie das KG zutreffend feststellt. Soweit die deutsche Umsetzung über diese hinausgeht (z.B. mit der Verpflichtung zur Angabe des Vertreters bei juristischen Personen), muss eine spürbare Beeinträchtigung ausnahmsweise weiterhin festgestellt werden.

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