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8.3.13

Double-Opt-In-Verfahren bei Newslettern



Von mir erscheinen regelmässig Urteilszusammenfassungen zum Verbraucherschutz im Internet in der Zeitschrift VuR. In Heft 3/2013 geht es um das kontrovers diskutierte Urteil des OLG München zum Double-Opt-In-Verfahren bei Newslettern


1. Bereits der Versand einer E-Mail mit einem Link zur Bestätigung einer Anmeldung zu einem Newsletter kann einen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb darstellen.

2. Eine derartige Bestätigungsmail stellt Werbung i.S.v. § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG dar.

(Leitsätze des Verfassers)


OLG München, Urteil vom 27.09.2012, Az. 29 U 1682/12



Sachverhalt (zusammengefasst)

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Unterlassung der Zusendung unerwünschter E-Mails. Am 20.02.2011 erhielt sie eine E-Mail, in der sie gebeten wurde, die Anmeldung zum Newsletter der Beklagten durch Anklicken eines Links zu bestätigen. Am 21.02.2011 folgte eine Willkommensmail für den Newsletter. Die Klägerin sieht hierin einen Wettbewerbsverstoß und einen Eingriff in ihren eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Die Aufforderung zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung blieb erfolglos und das LG München hat die daraufhin erhobene Klage abgewiesen.

Gründe (zusammengefasst):

Das OLG München hat hinsichtlich der E-Mail vom 20.02.2011 einen Unterlassungsanspruch bejaht. Dieser folgt zwar nicht aus § 8 Abs. 1 und Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. §§ 3, 7 Abs. 1 und 2 Nr. 3 bzw. § 4 Nr. 10 UWG, da die Klägerin nicht Mitbewerberin der Beklagten i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG ist. Die Zusendung einer Werbe-E-Mail ohne vorherige Einwilligung des Adressaten stellt aber einen unmittelbaren Eingriff in den Gewerbebetrieb dar. Unverlangt zugesandte E-Mail-Werbung beeinträchtigt regelmäßig den Betriebsablauf des Unternehmens. Mit dem Sichten und Aussortieren unerbetener E-Mails ist ein zusätzlicher Arbeitsaufwand verbunden. Zudem können, soweit kein festes Entgelt vereinbart ist, zusätzliche Kosten für die Herstellung der Online-Verbindung und die Übermittlung der E-Mail durch den Provider anfallen. Die Zusatzkosten für den Abruf der einzelnen E-Mail können zwar gering sein. Auch der Arbeitsaufwand für das Aussortieren einer E-Mail kann sich in engen Grenzen halten, wenn sich bereits aus dem Betreff entnehmen lässt, dass es sich um Werbung handelt. Anders fällt die Beurteilung aber aus, wenn es sich um eine größere Zahl unerbetener E-Mails handelt oder wenn der Empfänger der E-Mail ausdrücklich dem weiteren Erhalt von E-Mails widersprechen muss. Mit der häufigen Übermittlung von Werbe-E-Mails ohne vorherige Einwilligung des Empfängers durch verschiedene Absender ist aber immer dann zu rechnen, wenn die Übermittlung einzelner E-Mails zulässig ist (BGH GRUR 2009, 980 – E-Mail-Werbung II Tz. 12 m.w.N.).

Nach § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG stellt – von dem hier nicht interessierenden Ausnahmetatbestand des § 7 Abs. 3 UWG abgesehen – jede Werbung unter Verwendung elektronischer Post ohne vorherige ausdrückliche Einwilligung des Adressaten eine unzumutbare Belästigung dar.

Die E-Mail vom 20.02.2011 wurde dem Adressaten ohne dessen Einwilligung zugesandt. Für die Einwilligung trägt die Beklagte die Darlegungs- und Beweislast (BGH GRUR 2004, 517 [519] – E-Mail-Werbung I; BGH GRUR 2011, 936– Double-Opt-In-Verfahren Tz. 30). Die Beklagte hat aber eine ausdrückliche Einwilligung der Klägerin gerade nicht vorgelegt, sondern lediglich behauptet, dass sich die Klägerin auf der Internetseite der Beklagten unter Angabe ihrer E-Mail-Adresse für den Newsletter angemeldet habe.

Nach § 7 Abs. 1 UWG ist eine geschäftliche Handlung durch die ein Marktteilnehmer in unzumutbarer Weise belästigt wird, unzulässig. Dies gilt stets für Werbung unter Verwendung elektronischer Post ohne ausdrückliche Einwilligung des Adressaten (§ 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG). Nach der Rechtsprechung des BGH stellen alle auf Absatzförderung gerichteten Handlungen bzw. Äußerungen eines Unternehmens Werbung im Sinne der Vorschrift dar (BGH GRUR 2008, 925 – FC Troschenreuth Tz. 14 ff.). Nach diesen Grundsätzen fällt auch eine E-Mail, mit der zur Bestätigung einer Bestellung im Double-Opt-In-Verfahren aufgefordert wird, als Werbung unter das Verbot des § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG. Die Einbeziehung von Aufforderungen zur Bestätigung einer Bestellung steht im Einklang mit einem am Ziel der Absatzförderung orientierten Verständnis des Begriffs der Werbung. Mit der E-Mail vom 20.02.2011 verfolgte die Beklagte das Ziel, die Erbringung ihrer Dienstleistung zu fördern, wenn auch zunächst lediglich mit dem Bestreben, eine ausdrückliche Einwilligung des Adressaten für weitere Werbemaßnahmen zu erlangen. Diese E-Mail war daher eine in unmittelbarem Zusammenhang mit der Förderung ihrer Anlageberatungstätigkeit stehende Äußerung der Beklagten und damit eine Werbung i.S.d. § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG. Dabei ist es nicht erforderlich, dass die angegriffene E-Mail selbst eine Werbebotschaft enthält.

Der Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Klägerin ist auch rechtswidrig. Die insoweit erforderliche Abwägung der widerstreitenden Interessen der Parteien geht zu Lasten der Beklagten aus. Wegen des unzumutbar belästigenden Charakters derartiger Werbung gegenüber dem Empfänger ist die Übersendung einer Werbe-E-Mail ohne vorherige ausdrückliche Einwilligung grundsätzlich rechtswidrig (so BGH, a.a.O., – E-Mail-Werbung II).

Der Versand der E-Mail vom 21.02.2011 vermag demgegenüber einen Unterlassungsanspruch nicht zu begründen. Die Beklagte hat unbestritten vorgetragen, dass eine E-Mail wie die vom 21.02.2011 erst dann erstellt und verschickt wird, wenn der Bestätigungslink der Vorgänger-Mail betätigt wurde. Damit ist ebenso unstreitig, dass auf die im Postfach der Klägerin eingegangene E-Mail vom 20.02.2011 zugegriffen und der in der E-Mail enthaltene Bestätigungslink betätigt wurde.


Praxishinweis:

Newsletter werden von einer Vielzahl von Firmen angeboten. Dabei hat sich in der Praxis bei der Bestellung das Double-Opt-In-Verfahren etabliert. Nach Eintragung einer E-Mail-Adresse auf der Seite des Versenders erhält der Interessent zunächst eine E-Mail mit einem Bestätigungslink. Erst wenn er diesen anklickt, bekommt er in Zukunft auch den Newsletter mit entsprechender Werbung des Versenders. Reagiert der Empfänger nicht auf die Bestätigungsmail, erhält er auch keine weiteren Nachrichten des Versenders mehr.

Das Double-Opt-In-Verfahren wurde vom BGH grundsätzlich als rechtmäßig anerkannt, allerdings in einem Verfahren zu Telefonwerbung im Verhältnis zwischen Unternehmer und Verbraucher. Die in dem Urteil aufgestellten Grundsätze müssen aber auch im Falle der E-Mail-Werbung gelten. Das Urteil des OLG München widerspricht diesen im Ergebnis zwar nicht ausdrücklich, stellt aber Anforderungen, von denen offen bleibt, wie der Versender sie erfüllen soll und wie sie zu einem effektiven Schutz des Empfängers beitragen können.

Es kann vorkommen, dass schwarze Schafe das Double-Opt-In-Verfahren zu missbrauchen versuchen, indem sie ohne jegliche Eintragung für den Newsletter Bestätigungsmails an eine Vielzahl von Adressen versenden; dies in der Hoffnung, einige Empfänger werden schon die Bestellung bestätigen. Um diesen Spam-Vorwurf zu entkräften, müsste der Versender letztlich den Nachweis führen, dass der Empfänger der Bestätigungsmail deren Versand durch die Anmeldung zum Newsletter auch ausgelöst hat. Der Versender kann jedoch nur den Anmeldevorgang protokollieren und ggf. auch die IP-Adresse des Nutzers speichern. Damit kann er aber die Newsletter-Anforderung noch keiner Person zuordnen und damit auch nicht beweisen, dass der Anfordernde und der Empfänger der Bestätigungsmail identisch sind. Wenn nun das OLG München einen ausdrücklichen Nachweis für eine Einwilligung bereits für die Bestätigungsmail verlangt, wäre dieser in der Praxis nur zu führen, wenn bereits die letztlich wenig aussagekräftige Protokollierung einer Newsletter-Anforderung genügt, um eine Umkehr der Darlegungs- und Beweislast zu bewirken, unabhängig davon, wer diese Anforderung ausgelöst hat – der Empfänger der Bestätigungsmail oder ein Dritter. Nur dann wäre auch ein Double-Opt-In-Verfahren in der Praxis weiterhin rechtlich zulässig. Der Empfänger wird regelmäßig nicht nachweisen können, die Anmeldung nicht selber vorgenommen zu haben.

Bislang wurde Versendern von Newslettern geraten, in der Bestätigungsmail alles zu vermeiden, was diese bereits als Werbung qualifizieren könnte. Dazu gehört der Verzicht auf jegliche werbliche Äußerungen oder auf weiterführende Links zur Website. Die E-Mail darf somit einzig auf die Bestätigung des Erhalts des Newsletters gerichtet sein. Auch in Zukunft sollten sich Versender daran halten. Allerdings qualifiziert jetzt das OLG München die Bestätigungsmail ohnehin – unabhängig vom weiteren Inhalt - bereits als Werbung (anders das LG München, Beschluss v. 13.10.2009 - Az.: 31 T 14369/09). Weitere auf Absatzförderung gerichtete Inhalte der Bestätigungsmail können danach die rechtliche Situation des Versenders kaum mehr verschlechtern. Jedoch müssen andere Gerichte die Ansicht des OLG München nicht unbedingt teilen und Bestätigungsmails nicht per se Werbecharakter zusprechen.

Zusammenfassend sollten Versender den Anmeldevorgang protokollieren und die Bestätigungsmail so nüchtern wie möglich verfassen. Das Double-Opt-In-System wird es auch nach der Entscheidung des OLG München weiter geben. Nur über die Voraussetzungen der Zulässigkeit besteht jetzt mehr Rechtsunsicherheit als zuvor, die nur der BGH wird beseitigen können. Bis dahin kann es nur darum gehen, das Haftungsrisiko möglichst zu reduzieren. Gänzlich vermeiden lässt es sich beim Versand von Newslettern derzeit aber nicht.

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