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Links & Law informiert über aktuelle Entwicklungen des Suchmaschinenrechts, greift aber von Zeit zu Zeit auch andere Themen des Internetrechts auf.

Links & Law gibt es bereits seit November 2002 und seit November 2004 eine News-Rubrik, in der sich mittlerweile mehr als 2000 Einträge finden!

Mehr über mich und Links & Law demnächst in einem Blog-Beitrag!



22.12.12

Dezember 2012 - Dies und Das


Google hat in Belgien den Rechtsstreit mit Copiepresse beendet (mehr bei Heise). Das Unternehmen verpflichtet sich in einem Kooperationsvertrag, in den Medien der klagenden Verlage für seine Dienste zu werben und die Gerichtskosten zu übernehmen. Die Verleger wollen im Gegenzug Google-Dienste wie AdWords nutzen, um neue Leser zu gewinnen und ihre Reichweite zu steigern... Das hätten beide Seiten auch ohne sechsjährigen Rechtsstreit haben können ... Google zahlt jedenfalls nichts dafür, die Seiten der Verlage in den Google News anzuzeigen und zu verlinken ...

Der BGH hat seine Rechtsprechung bestätigt, nach der beim "Keyword-Advertising" eine Markenverletzung unter dem Gesichtspunkt der Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion der Marke grundsätzlich ausgeschlossen ist, wenn die Werbung - wie im Streitfall - in einem von der Trefferliste eindeutig getrennten und entsprechend gekennzeichneten Werbeblock erscheint und selbst weder die Marke noch sonst einen Hinweis auf den Markeninhaber oder die unter der Marke angebotenen Produkte enthält (Urteil vom 13. Dezember 2012 - I ZR 217/10 – MOST-Pralinen)
Der BGH nimmt damit in Kauf, dass die Rechtsprechung zum Keyword-Advertising in Deutschland in eine andere Richtung geht als in Österreich (GRUR Int. 2011, 173, 175 - BergSpechte II) und Frankreich (GRUR Int. 2011, 625 - CNRRH). Er hält aber trotzdem keine erneute Vorlage an den EuGH für erforderlich, da es nach diesem Sache des nationalen Gerichts sei, die Frage der Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion anhand der vom Gerichtshof entwickelten Maßstäbe unter Berücksichtigung aller Faktoren, die es für relevant erachtet, zu prüfen. Bislang liegt nur die Pressemitteilung vor.

Die US-Regierung plant nach Medienberichten keine Wettbewerbsklage gegen Google. Zwar musste das Unternehmen kleinere Zugestädnisse machen, ein Hauptvorwurf, Konkurrenten bei den Suchergebnissen zugunsten eigener Dienste benachteiligt zu haben, ist wohl vom Tisch (mehr bei Heise). In der EU ist der Ausgang des Kartellverfahrens zwar noch offen (siehe Heise), doch stehen die Zeichen ebenfalls auf Entspannung. Google soll der EU-Kommission im Januar ein Angebot unterbreiten, um das Verfahren um unlautere Geschäftspraktiken beizulegen (noch einmal Heise).

18.12.12

Google im Kampf für das Urheberrecht ...

 

Tut Google wirklich zu wenig gegen die Verlinkung urheberrechtsverletzender Inhalte auf den Seiten, die in den Suchergebnissen erscheinen? Wer dies behauptet, möge sich einmal die neusten Zahlen des Unternehmens zu Notices nach dem DMCA zu Gemüte führen. Vor einem halben Jahr erhielt Google wöchentlich rund 250.000 Aufforderungen, Seiten aus dem Index zu nehmen. Mittlerweile ist diese Zahl auf 2,5 Mio. pro Woche angestiegen! Im Schnitt soll es nur 6 Stunden dauern, bis das Unternehmen auf eine Meldung reagiert und alle sollen vorher zumindest kurz angeschaut worden sein, bevor eine Löschung erfolgt! Rund 2,5% der Notices werden so zurückgewiesen.

Das System dürfte fehleranfällig sein, schon weil viele Notices nicht berechtigt sein werden, der Verwender eines Werkes sich evtl. auf fair use oder eine andere Schranke des Urheberrechts berufen kann. Aber anders wird es angesichts der schon sehr beeindruckenden Zahlen nicht funktionieren können!


16.12.12

Suchmaschinen sollen helfen, Daten nicht mehr zu finden



Suchmaschinen sollen es mal wieder richten, zumindest nach der Ansicht der EU-Agentur für Informationssicherheit (European Network and Information Security Agency – ENISA). Worum geht es? Die Agentur hat sich mit dem Recht auf Vergessenwerden beschäftigt, das auch Inhalt der geplanten EU-Datenschutzverordnung ist (siehe dazu Das Recht auf Vergessenwerden nach dem Entwurf der EU-Datenschutzverordnung). Sie kommt in einem Bericht zu dem Ergebnis, dass eine rein technische Lösung zur Umsetzung des Rechts im Internet auf Vergessenwerden nicht zu realisieren ist. Wenn es aber nicht möglich ist, Inhalte zu löschen, dann solle das Auffinden wesentlich erschwert werden. Als pragmatische Lösung wird daher vorgeschlagen, dass Suchmaschinen für das „Vergessen" vorgesehene Daten zukünftig herauszufiltern und nicht mehr anzeigen:

„A natural way to “mostly forget” data is thus to prevent its appearance in the results of search engines, and to filter it from sharing services like Twitter. EU member states could require search engine operators and sharing services to filter references to forgotten data. As a result, forgotten data would be very difficult to find, even though copies may survive, for instance, outside the EU jurisdiction.“

15.12.12

Vorweihnachtliche Polemik zum Leistungsschutzrecht



Wer ohnehin gegen das Leistungsschutzrecht für Presseverlage eingestellt ist, sollte die Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage Bundestagsdrucksache 17/11607 der Linkspartei im Bundestag lieber nicht lesen. Ansonsten könnte ihm ziemlich schnell der Kragen platzen. Oberflächliche Antworten, so mein Eindruck.

Das Leistungsschutzrecht stellt nach Ansicht der Bundesregierung Marktgerechtigkeit her:
"Es ermöglicht den Presseverlegern, eine Vergütung von gewerblichen Anbietern von Suchmaschinen oder gewerblichen Anbietern von Diensten, die Inhalte entsprechend aufbereiten, für die Nutzung ihrer online gestellten Verlagsprodukte zu verlangen, oder diese Anbieter zur Unterlassung aufzufordern, weil diese Anbieter zu ihrer eigenen Wertschöpfung auf die Leistung der Presseverleger zugreifen."

Wie kommt die Bundesregierung darauf? Weiß sie, in welchem Umfang gewerbliche Anbieter von Suchmaschinen für die eigene Wertschöpfung in besonderer Weise auf die Leistung von Presseverlagen zugreifen, auf wie viel Prozent seiner Ergebnisseiten Google im Umfeld von deutschen Verlagsinhalten Werbung schaltet oder wie hoch die entsprechende Wertschöpfung der durch Google generierten Visits auf Seiten der deutschen Presseverlage ist?

Keineswegs. Der Bundesregierung sind keine eigenen belastbaren statistischen Daten zu diesen Fragen bekannt ... Warum dann eine derartige Gesetzesinitiative aus dem Gefühl heraus, das Ergebnis sei gerecht... Vielleicht sollte man erst einmal die tatsächlichen Grundlagen hinreichend eruieren, bevor man gegen die nahezu einhellige Ansicht in der wissenschaftlichen Literatur dem Einfluss der Lobbyarbeit der Verlage erliegt? Nur so eine Idee ...

Wenn die Bundesregierung also eigentlich schon gar nicht recht weiß, warum sie macht, was sie macht – außer eben der vagen Berufung auf Marktgerechtigkeit – dann weiß sie aber doch hoffentlich, was sie da macht. Aber das ist anscheinend auch schon zu viel verlangt. Bekommen neben Suchmaschinen auch andere Soziale Netzwerkdienste ein Problem mit dem Leistungsschutzrecht? Etwa Facebook und Twitter? Die Linkspartei wollte es wissen – die Bundesregierung weiß es nicht: „Der verbindlichen Bewertung einzelner Anbieter oder einzelner Kategorien von Anbietern als lizenzpflichtig durch die Gerichte kann die Bundesregierung nicht vorgreifen.“ Wie reden hier nicht über Randfragen, die natürlich durch Gerichte zu klären sind. Die Bundesregierung sollte aber vielleicht in einem Gesetz etwas bestimmter werden? Im Studium lernt man etwas von Gesetzesauslegung nach der Intention des Gesetzgebers. In diesem Fall besteht die Möglichkeit mangels Intention wohl bereits nicht...

Wie ist schließlich um die Kenntnis der Linkfreiheit durch die Bundesregierung bestellt? Leider wieder schlecht... Die Anfrage thematisiert die Übernahme von Presseinhalten bei der Verlinkung, speziell bei dem Text, der dem Link zugrundeliegt ("Linkanker") oder bei der Wiedergabe einer URL. Für die Bundesregierung gar kein Problem: Wir haben ja die Paperboy-Entscheidung des BGH. Nur schade, dass diese nur aussagt, dass die Verlinkung an sich urheberrechtlich unbedenklich ist (und nicht einmal dies muss so bleiben, über die Frage hat demnächst der EuGH zu befinden ...). Etwas anders ist bereits, wenn eine Marke als Linkanker verwendet wird. Dann ist die Verlinkung zwar an sich urheberrechtlich zulässig, kann aber gegebenenfalls aufgrund des Markenrechts verboten werden. Und so ist es auch hier. Als Linkanker muss ja nicht zwingend der leistungsschutzrechtlich geschützte Text der Artikelüberschrift verwendet werden. Natürlich kann ich einen Presseartikel weiterhin frei verlinken, aber erlaubt es das Leistungsschutzrecht auch weiterhin, einen Teil des Textes dazu zu verwenden? Dies ist meines Erachtens weiter offen.

Die alles entscheidende Frage wird in der Anfrage aber überhaupt nicht thematisiert. Wie soll das Leistungsschutzrecht überhaupt in der Praxis gegen Suchmaschinen wirken? Die freie Zugänglichmachung der Inhalte durch Presseverlage dürfte in der Tradition der Bildersucheurteile des BGH eine schlichte Einwilligungshandlung sein.

 Soweit eine etwas polemische Einschätzung des aktuellen Stands ...

14.12.12

OLG Karlsruhe zur Öffentlichen Zugänglichmachung eines Bildes



Nach Ansicht des OLG Karlsruhe verstößt ein Schuldner gegen seine Verpflichtung, ein Lichtbild nicht (mehr) öffentlich zugänglich zu machen, wenn er dieses weiterhin unter derselben URL-Adresse abrufbar bereithält und lediglich den Link zwischen redaktionellem Beitrag und Lichtbild löscht (Urteil vom 3.12.2012, 6 U 92/11).

Nun mag es nicht besonders wahrscheinlich sein, dass ein Nutzer die Adresse eines einzelnen Bildes als Lesezeichen abspeichert, und erraten wird die URL ohnehin praktisch niemand. Trotzdem liegt nach dem OLG ein Zugänglichmachen i.S.d. § 19a UrhG vor. Die Begründung des Gerichts gebe ich nachfolgend wieder. Man hätte auch feststellen können, ob das Lichtbild über eine Bildersuche auffindbar ist. Dann hätte die Löschung der Webseite, auf der das Bild eingebunden war, nicht zugleich eine Entfernung aus dem Index der Suchmaschine bewirkt und an der Zugänglichmachung wäre überhaupt nicht mehr zu zweifeln gewesen:

Ein Zugänglichmachen in diesem Sinn wird jedenfalls unter den im Streitfall gegebenen Umständen nicht dadurch objektiv ausgeschlossen, dass die URL so aufwendig ausgestaltet ist, dass sie als Sicherheitscode kaum überwunden werden könnte. Für den Streitfall ist entscheidend, dass es Dritten dann, wenn - wie im Streitfall - eine Verlinkung mit einer Website bestanden hat, möglich bleibt, das im Internet zugängliche streitgegenständliche Lichtbild auch ohne genaue Kenntnis der URL aufzufinden. Das ermöglichen insbesondere auf den Rechnern Dritter gespeicherte URLs, welche die Nutzer unmittelbar auf die noch vorhandene Datei führen (ebenso OLG Hamburg, GRUR-RR 2008, 383 juris-Rn. 33).“
...
Entgegen der Auffassung der Beklagten kommt es dabei nicht darauf an, dass es unwahrscheinlich ist, dass jemand diese URL-Adresse vermerkt, um später darauf zurückgreifen zu können. Anders als die Beklagte darstellen will, ist die Kenntnis der URL-Adresse des Lichtbildes nicht dem Kläger vorbehalten, sondern diese hatte jeder Nutzer der Homepage festhalten können. Entsprechend hat der Senat auch bereits mit Urteil v. 12.09.2012 (6 U 58/11, veröffentlicht in juris) in einem solchen Fall ein öffentliches Zugänglichmachen i.S. des dortigen Vertragsstrafeversprechens angenommen. Die Beklagte hat den Zugriff auf das Lichtbild auch nicht durch technische Vorkehrungen gegen das Anzeigen verhindert. Angesichts der Beibehaltung der URL-Adresse ist es unerheblich, dass das Lichtbild nach der Entfernung aus dem redaktionellen Beitrag nicht mehr von Suchmaschinen hat aufgefunden werden können
."

Bereits vor drei Monaten hatte das OLG identisch entschieden, OLG Karlsruhe, Urteil vom 12.9.2012, Az.: 6 U 58/11. In diesem Urteil hatte es u.a. ausgeführt:

Ein Zugänglichmachen in diesem Sinn wird nicht dadurch objektiv ausgeschlossen, dass eine URL so aufwendig ausgestaltet ist, dass sie als Sicherheitscode kaum überwunden werden könnte. Es spricht nach Auffassung des Senats viel für die Richtigkeit der vom Oberlandesgericht Hamburg vertretenen Auffassung, schon die abstrakte Möglichkeit der Erreichbarkeit durch Eingabe der betreffenden URL reiche für § 19 a UrhG aus (OLG Hamburg, Urt. v. 14.03.2012, 5 U 87/09 juris Rn. 108). Für den Streitfall ist entscheidend, dass es Dritten dann, wenn - wie im Streitfall - eine Verlinkung mit einer Website bestanden hat, möglich bleibt, das im Internet zugängliche streitgegenständliche Lichtbild auch ohne genaue Kenntnis der URL aufzufinden. Das ermöglichen zum einen auf den Rechnern Dritter gespeicherte URLs, welche die Nutzer unmittelbar auf die noch vorhandene Datei führen (ebenso OLG Hamburg, GRUR-RR 2008, 383 juris Rn. 33), und zum anderen der Einsatz von Suchmaschinen.“

11.12.12

USA: Haftungsprivilegierung für Hyperlinks




Der CDA gewährt in den USA innerhalb seines Anwendungsbereichs, in den allerdings das Urheberrecht nicht fällt, eine sehr weitgehende Haftungsfreistellung von Diensteanbietern. Nach § 230(c)(1) darf ein „interactive computer service“ nicht als „publisher or speaker“ einer von einem Dritten eingegeben Information angesehen werden. Daher sind in der Vergangenheit Klagen gegen Google wegen der Verlinkung z.B. persönlichkeitsrechtsverletzender Inhalte mehrfach gescheitert. Das jüngste Urteil (Getachew v. Google Inc., 10th Cir., No. 12-1237, 8/9/12) bestätigt diese Linie: "Google cannot be held liable for search results that yield content created by a third party." Der Kläger wollte Links zu Webseiten entfernt haben, die negative Informationen zu seiner Person enthalten und die angeblich Schuld daran sind, dass er keine Arbeit findet.

Eine ähnliche Thematik liegt auch der Entscheidung Nieman v. Vesuslaw Inc. C.D. Ill., No. 12-3104, 8/3/12, zugrunde. Der Kläger hatte behauptet, die Verlinkung von Gerichtsdokumenten würde seine Stellensuche erschweren. Da die fraglichen Dokumente aber öffentlich sind, konnte sich der Beklagte bereits erfolgreich auf das First Amendment berufen und das Gericht konnte die Anwendbarkeit von 230 CDA dahingstellt lassen.

Generell zu einer Haftungsprivilegierung von Hyperlinks durch 230 CDA:
Directory Assistants, Inc. v. Supermedia, LLC, 2012 WL 3329615 (E.D. Va. May 30, 2012)
Shrader v. Biddinger, 2012 WL 976032 (D. Colo. February 17, 2012)
McVey v. Day, 2008 WL 5395214 (Cal. App. Ct. Dec. 23, 2008).

8.12.12

Niederländisches Urteil zu Hyperlinks




Das Setzen eines Hyperlinks tangiert in aller Regel nicht das Recht des Urhebers auf öffentliche Zugänglichmachung. Anders ist dies nach der Rechtsprechung des BGH nur dann, wenn der Berechtigte technische Schutzmaßnahmen gegen die Verlinkung ergriffen hat. Auch beim Framen spielt nach dem OLG Köln § 19a UrhG keine Rolle.

Ob diese Rechtsprechung fortbestehen kann, wird der EuGH auf eine Vorlage aus Schweden hin zu entscheiden haben. So ließen sich die letzten beiden Posts kurz zusammenfassen (Vorlage an den EuGH: Sind Hyperlinks urheberrechtlich relevant? und OLG Köln zur Haftung bei der Wiedergabe von Inhalten in einem Frame).

Eine Entscheidung des EuGH wäre wohl auch deshalb zu begrüßen, weil die Rechtsprechung innerhalb der EU durchaus in dieser essentiellen Frage auseinanderdriften könnte. Ein Gericht in Amsterdam hat diesen Sommer entschieden, dass ein Hyperlink durchaus in gewissen Situationen urheberrechtlich relevant sein kann. Es müsse allerdings ein „Eingriff“ vorliegen, der die Inhalte aus geschäftlichen Interessen einem neuen Publikum zugänglich macht. Dies soll nach dem Gericht der Fall sein, wenn die Inhalte auf einem Fileserver abgelegt sind und die URL der Dokumente nicht über Suchmaschinen gefunden werden können. Die Verlinkung öffne damit Nutzern erst den Zugang.

 Das niederländische Urteil.

7.12.12

OLG Köln zur Haftung bei der Wiedergabe von Inhalten in einem Frame



Zuletzt hatte ich auf eine Vorlage an den EuGH hingewiesen, mit der der Gerichtshof aufgefordert wird, über die urheberrechtliche Zulässigkeit von Linking und Framing zu entschieden. Das letzte Urteil aus Deutschland zu dieser Frage ist am 14.9.2012 vom OLG Köln ergangen (Az. 6 U 73/12). Der Antragsgegner hatte aufgrund einer Vereinbarung mit Amazon deren Webseite in einen Frame bei der eigenen Webseite unter der Rubrik "Shop" eingebunden.

Auf der Amazon-Webseite konnte ein Urheberrechte verletzendes Bild eines Kirschkernhaufens gefunden werden. Der Urheber wollte dem Antragsgener untersagen, dieses über den framenden Link öffentlich zugänglich zu machen.

Das OLG Köln verneint die Einschlägigkeit des § 19a UrhG und überträgt dabei die Argumentation des BGH aus dem Grundsatzurteil Paperboy auf Frames:

"... In einem solchen Fall liegt keine urheberrechtliche Nutzungshandlung vor, weil nicht der Linksetzer, sondern derjenige, der die Inhalte ins Internet gestellt hat, darüber entscheidet, ob sie der Öffentlichkeit zugänglich bleiben; werden sie von dem fremden Server gelöscht, geht der Link ins Leere (vgl. BGHZ 156, 1 = GRUR 2003, 958 [962] = WRP 2003, 1341 - Paperboy). Die dem „framed link” eigene besondere Anschau­lichkeit und der damit gegenüber dem Nutzer erzeugte visuelle Eindruck eines einheitlichen Internetauftritts führt insoweit zu keiner anderen Beurteilung ..."

Es wird sich zeigen, ob der EuGH dies in dem Vorlageverfahren auch so sieht.

Beim Framing kann es viel leichter als bei einem einfachen Hyperlink zur Annahme des zu Eigen machens der verlinkten Inhalte kommen. Hier war aber das ganze Angebot von Amazon in den Frame eingebunden, was es abwegig erscheinen lässt, dass der Linksetzer sich zu allen sich ständig ändernden Unterseiten bekennt. So letztlich auch das OLG:

"Hinzu kommt, dass sich der Antragsgegner die in einem Frame seines Internetauftritts sichtbaren Inhalte der Amazon-Seiten aus Sicht eines verständigen Internetnutzers nicht einmal zu Eigen gemacht, sondern im Gegenteil deutlich zum Ausdruck gebracht hat, dass es sich dabei um eine in Partner­schaft mit amazon erbrachte, von dem Plattformbetreiber wegen ihrer Wer­be­­wirkung vergütete Weiterleitung auf fremde Inhalte handelt ..."

Eine Störerhaftung hatte der Antragsgegner nicht in prozessual beachtlicher Weise zum Gegenstand seines Verfügungsantrags gemacht. Das OLG Köln deutet aber an, dass eine Haftung des Frameproviders durchaus denkbar ist. Zwar habe dieser keine Möglichkeit zur Entfernung des Bildes und wäre das Entfernen des auf alle Amazon-Inhalte gerichteten Links wohl unzumutbar. Im Rahmen des Partnerschaftsvertrags mit Amazon könne aber verlangt werden, auf Amazon zuzugehen und das Unternehmen zur Überprüfung und Verhinderung der Verstöße anzuhalten.

Eine Vorauskontrolle aller verlinkter Inhalte sei unzumutbar.


2.12.12

Vorlage an den EuGH: Sind Hyperlinks urheberrechtlich relevant?



Seit der Paperboy-Entscheidung des BGH aus dem Jahr 2003 (Urteil vom 17.7.2003, Az. I ZR 259/00) gibt es in Deutschland mehr oder weniger keine Diskussion mehr darüber, dass das Setzen eines Hyperlinks zu einer anderen Webseite urheberrechtlich unbedenklich ist und vom Urheber nicht untersagt werden kann. 2010 hat der BGH zwar diese Aussage in dem Urteil Session-ID relativiert (Urteil vom 29.4.2010, Az. I ZR 39/08). Es blieb aber bei der Grundaussage des Paperboy-Urteils, dass das Setzen eines Links nicht in das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung des Werkes eingreift (§ 19a UrhG). Anders sei dies jedoch zu sehen, wenn bei der Verlinkung eine vom Berechtigten eingerichtete technische Schutzvorrichtung umgangen wird: Bediene sich der Berechtigte technischer Schutzmaßnahmen, um den Zugang zu dem geschützten Werk beispielsweise nur bestimmten Nutzern zu eröffnen oder nur auf einem bestimmten Weg zu ermöglichen, mache er
das Werk auch nur in dieser eingeschränkten Weise zugänglich. Das Setzen eines Hyperlinks, der derartige Schutzmaßnahmen umgeht, eröffne einen Zugang zum Werk, der ansonsten für diese Nutzer oder auf diesem Weg nicht besteht. Der BGH verlangt dabei nicht, dass es sich um eine wirksame technische Maßnahme handelt. Entscheidend sei alleine, dass der Berechtigte überhaupt Schutzmaßnahmen getroffen hat, die für Dritte als solche erkennbar sind.

Diese gefestigte Rechtsprechung steht nun erneut auf dem Prüfstand, allerdings nicht beim BGH, sondern beim EuGH. Und dessen Verständnis des Internet kann zuweilen schon einmal zweifelhaft sein. Auf Vorlage eines schwedischen Gerichts wird er sich jetzt aber mit der für das Internet essentiellen zustimmungsfreien Verlinkung von Webseiten beschäftigen. Das vorlegende Gericht möchte dabei auch wissen, ob es einen Unterschied zwischen einem "normalen" Hyperlink und einem framenden Link gibt. Ferner möchte es in Erfahrung bringen, ob die Nationalstaaten den Schutz des Urhebers über die Vorgaben des Art. 3 Abs. 1 der Urheberrechtsrichtlinie hinaus erweitern können.

Die genauen Vorlagefragen in der Rechtssache C-466/12 lauten:

Liegt die öffentliche Wiedergabe eines bestimmten Werkes im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft vor, wenn ein anderer als der Inhaber des Urheberrechts an diesem Werk auf seiner Internetseite einen zu diesem Werk führenden Link bereitstellt, der angeklickt werden kann?


Ist es für die Beurteilung der ersten Frage von Bedeutung, ob das Werk, auf das der Link hinweist, auf einer jedermann ohne Beschränkungen zugänglichen Internetseite zu finden ist oder ob der Zugang in irgendeiner Weise beschränkt ist?


Ist bei der Beurteilung der ersten Frage zwischen dem Fall, in dem das Werk nach dem Anklicken des Links durch den Anwender auf einer anderen Internetseite erscheint, und dem Fall zu unterscheiden, in dem das Werk nach dem Anklicken durch den Anwender in einer Art und Weise erscheint, die den Eindruck vermittelt, dass es auf derselben Internetseite erscheint?


Darf ein Mitgliedstaat einen weiter gehenden Schutz des Ausschließlichkeitsrechts des Urhebers vorsehen, indem er zulässt, dass die öffentliche Wiedergabe Handlungen umfasst, die über die Bestimmungen des Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 hinausgehen?